Vor 80 Jahren: Ende und Anfang

„Es waren Tage der Angst“, erzählt eine Zeitzeugin aus Jabing. „Wir haben in der Ferne schon die Kanonen der anrückenden sowjetischen Armee gehört!“ Im Frühjahr 1945 endete der Zweite Weltkrieg, die sogenannte „Russenzeit“, ein Jahrzehnt der Besatzung begann. Eine Zeitenwende, von der nur mehr wenige lebende Zeitzeugen und Zeitzeuginnen erzählen können. Ex-ORF-Journalist und „prima!“-Redakteur Walter Reiss hat in den vergangenen 15 Jahren 20 Burgenländerinnen und Burgenländer für seinen neuesten Dokumentarfilm zu den Ereignissen vor 80 Jahren befragt. Zur Premiere des Films, der heuer vor allem in den Oberstufen von Mittelschulen und Gymnasien gezeigt werden soll, lädt das CONCENTRUM am 3. April (19.00 Uhr) ins Evangelische Gemeindezentrum Stadtschlaining.

Walter REISS / 27. März 2025

Ende März 1945 maschierten die Russen in Österreich ein. Die letzten Zeitzeugen dieser „Russenzeit“ sind im Dokumentarfim „1945 – Ende und Anfang“ festgehalten.

Da immer weniger Zeugen der Zeit am Leben sind, ist es umso wichtiger, ihre Erlebnisse und Erfahrungen medial den nachfolgenden Generationen zu vermitteln“, sagt Historiker Herbert Brettl, der an der Pädagogischen Hochschule Burgenland tätig ist und gemeinsam mit Walter Reiss den Film und seinen Einsatz in den Schulen konzipiert hat. 

Offene Worte hört man in der filmischen Collage zu einem noch Jahrzehnte nach dem Krieg verschwiegenen und verdrängten Kapitel: den Todesmärschen ungarischer Jüdinnen und Juden, die vom NS-Regime während der letzten Kriegstage in Richtung Konzentrationslager Mauthausen getrieben wurden. Die Route führte durch zahlreiche burgenländische Dörfer. Tausende Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene vor allem aus Osteuropa mussten gemeinsam mit einheimischen Jugendlichen, Frauen und älteren Männern Panzergräben und Stellungen graben. Sie wurden zum „Schanzen“ abkommandiert. Die sogenannte „Reichsschutzstellung“ entlang der Grenze zu Ungarn und Slowenien stellte sich bald als völlig sinnloses Unterfangen heraus. 

Ab Ende März 1945 überschritten die ersten sowjetischen Truppen die Grenze und leiteten die Befreiung vom Faschismus ein. Ihr Vormarsch führte zu heftigen Kämpfen, in vielen Orten kam es zu gewalttätigen Übergriffen an Frauen. Auch diese lange verschwiegenen und traumatischen Erfahrungen sind Thema des Films. Die „Russenzeit“, über deren Beginn Männer und Frauen der Jahrgänge 1924 bis 1936 im Film erzählen, dauerte bis 1955. 

Film-Premiere in Stadtschlaining

Der Dokumentarfilm „1945 – Ende und Anfang“ des Dokumentarfilmers Walter Reiss und des Historikers Herbert Brettl wird am 3. April im Evangelischen Gemeindezentrum Stadtschlaining präsentiert.

Die Premiere wird ergänzt durch Vortrag und Gespräch des Historikers und des Gestalters über die Einschätzung der damaligen politischen Lage und die Wahrnehmung historischer Fakten durch persönliche Erinnerungen. Der 18 Minuten dauernde Film ist eine bewegende Collage subjektiver Erzählungen und ein zeithistorisches Dokument.

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