Tobias Lang leitet „Austrian Centre for Peace“ auf Burg Schlaining

Vier Jahre war Moritz Ehrmann Direktor des ACP, nun folgt ihm der Nordburgenländer Tobias Lang. Der gelernte Politikwissenschafter will das Friedenszentrum als „internationalen Hub für praxisbezogene Friedens- und Konfliktforschung“ etablieren. Mit einem breiten Programm von internationalen Konferenzen („Frieden in der Krise“, 30. Juni – 3. Juli) bis zu Friedenspädagogik und Mediation soll die heimische Bevölkerung stärker eingebunden werden als bisher. Der neue Direktor ist auch Intimkenner des politischen Alltagsgeschäfts. Er war Leiter eines Regierungsbüros, SPÖ-Klubdirektor im Landtag und zuletzt Referent im Büro von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Der Kenner von Konflikten im Nahen Osten steht im prima! Gespräch Rede und Antwort.

Walter REISS / 27. März 2025

Tobias Lang ist der neue Direktor des Austrian Centre for Peace, des Friedenszentrums auf Burg Schlaining.

In den letzten Jahren haben in der Leitung des Friedenszentrums die Direktor:innen mehrmals gewechselt. Wie lange werden Sie nun bleiben?

Tobias Lang: Das hängt natürlich von mehreren Faktoren ab, aber ich habe vor, zumindest fünf Jahre das ACP zu leiten.

Man würde meinen, ein Friedenszentrum würde von einem Friedensforscher angeführt. Das sind Sie aber nicht.

Ich bin ausgebildeter Politikwissenschafter mit dem selbst gewählten Schwerpunkt internationale Beziehungen mit Fokus auf den Nahen Osten und bin angelernter politischer Organisator.

Das ACP mit seinen 15 Mitarbeiter*innen hat ja Krisen und Konfliktherde in aller Welt im Blick. Da sieht es etwa mit Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten nicht gut aus und das Machtgefüge zwischen USA, Russland, China, Europa und anderen Kontinenten gerät gehörig ins Wanken.

In den letzten Jahren ist die Weltlage tatsächlich schwieriger geworden. Die Fälle politischer Gewalt haben sich innerhalb von fünf Jahren nahezu verdoppelt. Man geht davon aus, dass ein Achtel der Menschheit von Kriegen betroffen ist.

Tendenz steigend?

Ja, extrem steigend.

„Es gibt keine Alternative zum Frieden“

Da verblasst ja die einstige in den 1970er-Jahren aktive Friedensbewegung zur harmlosen, erfolglosen und naiven Nostalgie, wenn etwa Militäranalyst Markus Reisner feststellt, dass wir mit aggressiven Eroberungskriegen in Europa wieder im 19. Jahrhundert gelandet sind.

Es ist eine herausfordernde Situation, in der Friedensarbeit notwendiger ist denn je. Gerade angesichts der Zunahme der Konflikte und der steigenden Anzahl von zivilen Opfern braucht es dringend Friedensarbeit im angewandten und pädagogischen Bereich. Denn es gibt keine Alternative zum Frieden.

Man hat oft den Eindruck, dass das ACP hierzulande weniger geschätzt, bekannt und vertraut ist, international aber einen exzellenten Ruf hat.

Das internationale Renommee hat das Friedenszentrum, weil wir sehr viele Trainings mit weltweiter Beteiligung von Studierenden, NGOs und im Entwicklungsbereich Tätigen durchführen. Das sind Multiplikatoren, die unser gutes Image prägen.

„Peace in Crisis“ ist das Thema des Austrian Forum for Peace, das von 30. Juni bis 3. Juli in der Burg Schlaining stattfinden wird. Ist der Friede in der Krise?

Genau das gilt es zu diskutieren, wenn wir etwa die Frage stellen, welche Folgen die neue Trumpregierung mit dem Rückzug ihres Engagements für Europa auf den Weltfrieden hat. Wir planen auch Workshops, die hinter geschlossenen Türen stattfinden, wo wir Experten mit Leuten zusammenbringen, die direkt in Konfliktsituationen tätig sind. Da geht es um Erfahrungsaustausch und mögliche Lösungen.

Die Burg als offener Ort

Friedenspädagogik ist ein weiterer Schwerpunkt Ihrer Arbeit. Etwa mit dem bereits angelaufenen Masterstudiengang „Friedens- und Life-Skills-Pädagogik“. Was soll sich der Laie darunter vorstellen?

Pädagogen und Pädagoginnen sollen damit in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Burgenland besser vorbereitet werden auf Konfliktsituationen im Schulbereich und im Alltag. Und da sind auch die bekannten Friedenswochen, zu denen Schülerinnen und Schüler nach Schlaining kommen, ein wichtiger Anknüpfungspunkt zur Bevölkerung im Land. Wir haben bisher nicht weniger als 20.000 Teilnehmer*innen, vorwiegend aus dem Burgenland, gehabt. Wir wollen kein Satellit sein, der herumschwirrt, sondern in der Bevölkerung auch im Südburgenland verankert sein. Und das nicht in einem gesichtslosen Seminarhotel, sondern hier in der Burg.

Die Burg soll also kein Elfenbeinturm sein?

Ganz genau. Die Burg ist ja mit der Region verwachsen und sie soll ein offener Ort sein.

Das Anliegen, internationales Fachpublikum anzusprechen und offen zu sein für die heimische Bevölkerung, ist das nicht ein gewaltiger Spagat zwischen hochspezialisierten internationalen Fachleuten und heimischen Schulkindern?

Genau diese enorme Bandbreite wollen wir schaffen. Die Leute in der Umgebung sollten wissen, was das ACP anbietet und leistet, warum es uns gibt und wer wir sind. Eine neue Schiene, die wir aufgebaut haben, ist Nachbarschaftsmediation. Es geht hier zum Beispiel um Alltagskonflikte wie etwa Lärmbelästigung und eine durch Mediation begleitete einvernehmliche Lösung. Dieses Projekt wurde auch wissenschaftlich betreut von der Hochschule Burgenland.

Frieden kann nicht diktiert werden

Mit welchem Gefühl würden Sie die derzeit prekäre Weltlage beschreiben, in der verhaltensauffällige und zu Autokratie und Diktatur neigende Männer wie politische Geisterfahrer agieren?

Ich wage keine Prognosen. Es gibt nämlich auch Beispiele möglicher positiver Entwicklungen. Vor Kurzem hätte ich da noch Syrien genannt, nun bin ich aber nach den jüngsten Massakern skeptisch. In der Türkei schaut es so aus, als würde ein türkisch-kurdischer Friedensprozess entstehen. Wer hätte das unter einem Regime Erdogan gedacht? Es gibt Chancen, man muss sie nur benennen. Was die Ukraine betrifft, muss ganz klar sein, dass Frieden nur mit den direkt Betroffenen, den beteiligten Konfliktparteien angestrebt werden muss. Ein von außen diktierter und verkündeter Frieden kann kurzfristig und mit Druck und Zwang erreicht werden, ist aber keine langfristig anhaltende Lösung.

Ihr Chef als Präsident des ACP, der vormalige Landesrat und Verteidigungsminister Norbert Darabos, war früher Zivildiener. Haben Sie Wehr- oder Zivildienst absolviert?

Ich habe Zivildienst geleistet und war später ein paar Monate Praktikant im Verteidigungsministerium.

Sie haben von Erfahrungen als politischer Organisator gesprochen. Sie waren in SPÖ-Regierungsbüros tätig, zuletzt im Kabinett von Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil. Nun sind Sie direkt vom Machtzentrum des Landes in eine vom Land unterstützte Institution und in die vom Landeshauptmann sehr geschätzte und geförderte Friedensburg gewechselt. Besteht da nicht die Gefahr einer etwas schiefen politischen Optik?

Ich sehe das nicht als Belastung für mich, aber auch nicht für das Institut. Es hat mich diesbezüglich noch niemand angerufen oder wollte deshalb keinen Termin mit mir ausmachen. Ich sehe meine langjährige Erfahrung und das in der Landespolitik aufgebaute Netzwerk als Vorteil für die Leitung des ACP.

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