Bunter Juni

Endlich ist er da, der Juni, mit all seinen schönen Seiten.

Feri TSCHANK / 29. Mai 2024

Ein Kommentar von Feri Tschank.

Keine Socken mehr anziehen, Erdbeeren essen, die nicht nach Plastik schmecken. Marillen einkochen, so man das Glück hat, welche zu haben. Den Salat im Garten ernten, wenn nicht die Schnecken schneller waren. Zur EU-Wahl gehen und ein paar Tage zelebrieren, wie zum Beispiel den Internationalen Kindertag am 1. Juni, der auch gleichzeitig der Tag des Grillhähnchens ist. Den Europäischen Tag des Fahrrades am 3. Juni, den des Erdbeere-Rhabarber-Kuchens am 9. Juni, den Internationalen Tag der Müllabfuhr am 17., den Tag der Filtertüte am 21. zu Ehren von Melitta Bentz. Der Internationale Tag der Schlümpfe wäre am 22. Juni, der Schwimm-eine-Runde-Tag ist am 24. Juni und am 25. ist der Tag des Ziegenkäses. Was vergessen? Ach ja, den Vatertag, eine Erfindung von Pitralon, glaube ich. Das Rasierwasser der Nachkriegsgenerationsväter, nach dem ganz Österreich geduftet hat. Pitrell, ein weiterer olfaktorischer Hochgenuss, wurde von Maschinenrasierern verwendet. Bei den Damen war es Kölnisch Wasser und mit Rexona kam das erste Deo unter die Achseln. Ganz abgesehen davon, dass man in den 50er- und 60er-Jahren keinen gesteigerten Wert auf guten Duft gelegt hat – glaub ich mich erinnern zu können. 

Zurück in die Gegenwart und zu etwas, was mich bedenklich stimmt. So ging kürzlich eine Nachricht durch die Lande, dass Österreich, was das Bruttoinlandsprodukt anlangt, in der EU an letzter Stelle liegt. Selbst die einstigen Krisenländer Portugal, Italien und Spanien sind gewachsen. Wir müssen uns mit einer Spitzeninflation abfinden, haben immer noch zu hohe Energiepreise und Zinsen, die Lebensmittelpreise sind höher als anderswo, aber wenn man unseren Politikern so zuhört, haben wir keine anderen Probleme als Zuwanderung und EU-Gesetze wie zum Beispiel das Renaturierungsgesetz, dem man nicht zustimmen wird. Wahrscheinlich. Wer dabei führend ist, braucht man wohl nicht extra erwähnen. 

Nach der Brexit-Abstimmung beklagte der Biologe Richard Dawkins, dass die überwiegende Mehrheit der Briten nicht zu diesem Referendum hätte genötigt werden dürfen, da es den Leuten an Hintergrundwissen an Ökonomie und Politikwissenschaft fehle, ihn miteingenommen. Genauso gut, meint er, könne man Flugzeugpassagiere darüber abstimmen lassen, welche Landebahn der Pilot nehmen soll oder ob Einstein richtig gerechnet hat. 

Wir brauchen die EU weit nötiger als sie uns. Fragen Sie Engländer, wenn Sie welche kennen. Die würden den Schwachsinn, den sie gemacht haben und der Hunderttausende ins Elend getrieben hat, gerne zurücknehmen. 

Wir werden wirtschaftlich links und rechts überholt und versuchen die Schuld dafür immer noch bei der EU oder den Ausländern zu finden. Letztere sind es aber, die hoffentlich unser Rentensystem am Leben erhalten. Wir Österreicher werden das nicht schaffen. Dazu sind wir einfach zu wenige und wer immer das Gegenteil behauptet, ist entweder Populist oder hat keine Ahnung, wie der Hase in den Industrieländern läuft. 

Mit der Bildung in unseren Schulen ist es auch nicht zum Besten bestellt. 

In Wien spielen sich Tragödien ab. Eltern, die ihre Kinder in gewissen Schulen unterbringen wollen, ziehen in andere Bezirke, mieten um viel Geld Wohnungen, nur um die ihrer Meinung nach beste Schulbildung für ihre Kinder zu bekommen. Auch bei uns sehen viele Eltern mit Bangen den nächsten Wochen entgegen. 

Wohin mit meinem Kind? Natürlich aufs Gymnasium. Geht halt nicht immer – aus welchen Gründen auch immer. Lehrer möchte ich jetzt gerade nicht sein, denn ich kann mir vorstellen, dass es da jede Menge an Interventionen gibt. 

Ehrlich gesagt beneide ich auch die Kinder nicht um den Stress, den viele so knapp vor dem Zeugnis haben. Es wird ihnen schon einiges abverlangt in den Schulen und es ist für sie nicht leicht, dem Kindsein noch etwas Platz einzuräumen. 

Viele müssen sich für ein Studium entscheiden unter dem Druck von Eltern, Freunden und Lehrern, die alle unterschiedliche Interessen haben. Dann muss man ja auch noch mit den eigenen Interessen, Ängsten und Träumen zurechtkommen. Dabei wären viele tolle Tischler, Spengler oder Maschinenschlosser. Aber das geht halt nicht, denn alle müssen aufs Gymnasium. Die Handwerksberufe überlassen wir unseren ungarischen Nachbarn. Laut „Ungarn Heute“ ist jeder fünfte Arbeitsplatz im Burgenland mit einem Ungarn besetzt. Von der Gastronomie will ich gar nicht reden, denn die könnte ohne Ungarn zusperren. Versteh ich nicht! Ich habe das immer geliebt. Sowohl das Kochen als auch das Servieren. Viel Arbeit, aber mit Können und einem guten Schmäh hat man immer super verdient und tut es wahrscheinlich auch heute noch. 

Wenn wir schon dabei sind – zum Abschluss eine Weisheit von Uri Jeremias, Israels bekanntestem Koch:  „Wenn einer ein Pessimist ist, und am letzten Tag seines Lebens findet er heraus, dass er falsch lag, dann hat er sein ganzes Leben versaut. Aber wer sein Leben lang ein Optimist ist, und am letzten Tag erfährt, dass er falsch lag, dann hat er nur einen einzigen Tag seines Lebens versaut.“

In diesem Sinne – bleiben Sie optimistisch und lassen Sie sich nicht von jedem Schmarrn – auch von meinem nicht – runterziehen, es wird Ihnen ein längeres und gesünderes  Leben bescheren. Passen Sie auf sich auf! Ihr Feri Tschank

Feri Tschank mit heller Kappe und rosa Pullover
Feri Tschank

Seine Stimme und sein Gesicht gehören wohl zu den bekanntesten des Burgenlandes, denn zwei Jahrzehnte (ab 1979) hat er beim ORF Landesstudio Burgenland als Sprecher und Moderator Tausende Radio- und Fernsehbeiträge gestaltet. Die Sendung „Burgenland heute“ hat er von den Anfangsjahren (1988) weg begleitet. 1998 wechselte er zum BKF und war dort zunächst Programmchef, ab 2008 Chefredakteur bis zu seiner Pensionierung. Feri Tschank gilt als versierter Kenner des pannonischen Raumes und hat während seiner journalistischen Karriere besonders in den Bereichen Kunst, Kultur, Kulinarik wesentliche Eckpfeiler gesetzt. Unter anderem hat er mit „Prisma“ die erste grenzüberschreitende TV-Sendung mit EU-Mitgliedsstaaten entwickelt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert