Europa auf der Flucht
Es sind diese Bilder im Kopf, Bilder die direkt zur Ur-Angst oder Menschlichkeit und Christentum führen. Aussperren oder Reinlassen? Oder gibt es einen dritten Weg? Ja.
Bild 1: Eine Grenze. Jugendliche, vermummte Radikale werfen mit Steinen, Flaschen und Explosivgegenständen gegen jene Uniformierten, die versuchen, die Grenzen zu verteidigen. Das alles bei Nacht, gespenstisch beleuchtet. Der Mob versucht schließlich, ein Tor mit einem Seil gewaltsam einzureißen. Die Gegenseite schießt mit Tränengasgranaten und Wasserwerfern zurück. Bilder, die Angst machen. Geschehen an der Griechisch-Türkischen Grenze.
Bild 2: Verzweifelte Familien mit kleinen Kindern, die irgendwo im Niemandsland zwischen den beiden Grenzen festsitzen. Fragende Kinderaugen in Großaufnahme, die nicht verstehen, was hier passiert. Oder hilflos gestrandete Flüchtlinge auf Moria in Lesbos. Der Schandfleck von Europas verdrängter Flüchtlingspolitik. Beide Bilder stimmen, aber auch wieder nicht.
Bild 3: Endlose Flüchtlingskarawanen 2015, die aus dem Osten kommend über die Staatsgrenze im Burgenland unkontrolliert Richtung Deutschland unterwegs sind. „Das darf sich nicht wiederholen“, lautet das Mantra von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Recht hat er und auch wieder nicht.
Seit neun Jahren tobt in Syrien ein mörderischer Bürgerkrieg. Die einzigen, die davon profitieren, sind die Waffenhändler. Die größten sind übrigens die USA und Russland. Das Schicksal der Menschen ist ihnen scheißegal.
Europa darf es das aber nicht sein. Fünf Jahre lang hatte die Europäische Union Zeit, auf die Herausforderungen der globalen Flüchtlingsströme zu reagieren. Hat sie aber nicht. Weil in Brüssel nationale Interessen vor europäischen gehen.
Mit Geld wollte man das Problem aus der Welt schaffen. Über drei Millionen Flüchtlinge hat die Türkei bei sich aufgenommen. Jetzt will sie nicht mehr. Oder mehr Geld. Das ist bei Recep Tayyip Erdogan schwer zu sagen. Nur wie geht Europa, wie Österreich mit dem Thema Flucht und Flüchtlinge um?
Auf Dauer wird das mit den Grenzen dichtmachen nicht funktionieren. Dafür sind es viel zu viele, die sich auf den Weg machen und mussten. Und da gibt es ja noch so etwas wie die Menschenrechtskonvention. Die übrigens auch Österreich unterzeichnet hat. Entweder man schafft sie ab oder gewährt das Recht auf Asyl.
Die brauchbarste Variante ist ganz sicher die Hilfe vor Ort. Dazu wäre es nötig, dass die europäische Diplomatie endlich aus dem Schlafwagen steigt und alles daransetzt, den mörderischen Krieg in Syrien zu beenden – und den Herren Putin und Trump endlich die Meinung, die Menschlichkeit, geigt.
Absolut unterstützenswert ist die jetzt laufende ORF-Aktion von Nachbar in Not für die Direkthilfe in Syrien. Dankenswerter Weise hat sich die Bundesregierung entschlossen, den Betrag zu verdoppeln. Wer zu Hause eine Chance sieht, begibt sich wohl eher nicht auf die Flucht in die Fremde. Und es gibt auch viele Hilfsorganisationen, die sich auf die Hilfe vor Ort spezialisiert haben. Wie etwa Ärzte ohne Grenzen. Die brauchen dringend Unterstützung für ihre wertvolle Arbeit.
Menschen Asyl zu gewähren, sollte erst dann tragend werden, wenn die Hilfe vor Ort nicht ausreicht. Daher muss alles getan werden, um den Menschen in ihrer Heimat ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Und ein paar Kinder aus einem der Horrorlager temporär aufzunehmen, ist eine Frage der Menschlichkeit.
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